Der abendliche Start gegen 22 Uhr in Leba / Polen ließ die Flotte von 8 Saare Yachten in die langsam einbrechende Dunkelheit gen Osten segeln. Es war bedeckt und recht kühl. Der Westwind der Stärke 5 – 6 kam ganz genau von achtern, aber auch damit hatten die Autopiloten auf unseren Yachten kein Problem. Rund 140 sm lagen vor uns.
Vor diesem Törn von Polen nach Litauern hatten alle Teilnehmer doch Respekt. Es war nicht die Distanz von 140 sm oder das Wetter, sondern natürlich die Tatsache, dass unser Weg uns genau an der russischen Grenze entlangführen würde Diese Streckenführung war für einige potenzielle Teilnehmer der Geschwaderfahrt dann doch ein Grund gewesen auf die Teilnahme zu verzichten.
Die verbliebenen 8 Crews hatten entschieden, auch als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und unseren Freunden im Baltikum, ein Zeichen zu setzen und sich nicht von den Russen vertreiben zu lassen. In unserer Flagge, die alle Teilnehmer in den Häfen setzten, waren daher auch die ukrainischen Farben zu sehen.
Wir kamen bei zunehmendem Wind schnell voran und näherten uns in der Nacht den russischen Hoheitsgewässern. Außerhalb der 12 sm Zone wollten wir die Enklave Kalingrad ohne großen Umweg passieren. Später erfuhren wir von den Hafenmeistern in Litauen und Lettland, dass in diesem Jahr fast keine ausländische Yachten in das Baltikum reisten. In Polen gab es eine Anweisung mit einem ganz großen Umweg die russischen Gewässer zu umfahren, weit außerhalb der 12 sm Zone, auch um die internationalen Gewässer der Russen herum, sollte man passieren. Wie wir zwei Tage später erfuhren hatte auch das Kreuzfahrtschiff Mein Schiff 6 bei den schwierigen und ungemütlichen Bedingungen diesen langen Umweg von Danzig nach Klaipeda genommen.
Wir waren da sorgloser, hatten auch keine derartigen Informationen und kamen völlig unbehelligt nach Litauen. Sicher wurden wir von den Russen beobachtet, aber sicher hatte uns auch die Nato auf dem Schirm.
Der Wind wurde im Laufe der Nacht stärker, die Wellen wurden höher. Zeitweise hatten wir 7 Windstärken (über 30 kn), immer noch genau von achtern und das Ganze mit einer beachtlichen Wellenhöhe von bis zu 3 m. Der Wind war dabei nicht das Problem, aber die hohe und manchmal auch querlaufende See war unangenehm und ruppig.
Andererseits bescherten uns Wind und Wellen auch ganz besondere Erlebnisse. Geschwindigkeiten von mehr als 10 Knoten konnten alle Saare Yachten häufig verzeichnen. Den absoluten Rekord erreichte die regattaerfahrene Crew der Saare 38 LUNA NOSTRA aus Kiel. 16,8 kn auf einer besonders hohen Welle in einem langen Surf ist schon sensationell für eine 38 Fuß Fahrtenyacht. Besonders der 8-jährige Sohn des Eigner Paares war stolz und begeistert.
Irgendwann kam dann die litauische Küste und die Stadt Klaipeda in Sicht. Ordentlich durchgeschaukelt, aber ansonsten schnell und gut und vor allem vollkommen schadensfrei liefen dann alle am Nachmittag in die Memel ein. Die Hafeneinfahrt ist breit genug um auch bei starkem auflandigen Wind sicher einlaufen zu können. Klaipeda ist der einzige große Ostseehafen von Litauen, entsprechend groß sind die Anlagen und die Schiffe die dort liegen. Man muss ein ganzes Stück in die Memel hereinfahren, auf der Backbordseite sieht man große Verladepiers, Fähren, Frachter, Tanker und Werften, während einen die Landschaft gegenüber auf der kurischen Nehrung mit einem wunderschönen Wald empfängt. Der Geruch des Waldes war eine schöne Begrüßung und stimmte uns auf Klaipeda und die kurische Nehrung ein.
Wir hatten Glück, obwohl wir nun einen Tag früher als angemeldet in Klaipeda waren, konnte der Hafenmeister alle Saare Yachten im Burggraben unterbringen. So lagen wir sehr geschützt und ruhig und dennoch sehr zentral in der Stadt.
Für unsere Zeit in Klaipeda hatte der Skipper der Saare 38 HORNPIEPER ein umfangreiches Programm für die Crews vorbereitet, unter anderem war ein Ausflug auf die kurische Nehrung nach Nida geplant.